10:00 Vormittags in San Juan La Laguna, Guatemala. Es herrscht Trockenzeit. Ein angenehmer Wind streift meinen Hinterkopf, als ich in die kleine verwinkelte Gasse einbiege, in welcher sich der Schreibwarenladen befindet. Aufgrund fehlenden Wortschatzes deute ich mit dem Finger auf die Gegenstände die ich erwerben möchte: Zirkel, Radiergummi, Minibuntstifte, Lineal. Als ich den Preis für alles zusammen höre, muss ich schmunzeln. 11 Quetzal, das entspricht etwa 1,30€. Damit kann ich gut leben und laufe noch nicht Gefahr mein durchschnittliches Tagesbudget von 7€ zu überschreiten.
Wieder in meiner kleinen Posada (Hostel/Gasthaus) angekommen, grüße ich alle nett und widme mich meinem Unterfangen. Durch meine Freiwilligentätigkeit in der Posada kennen mich alle und ich darf für lau im Dachboden schlafen. Eine Win-Win Situation, welche mich mal eben eine 30-minüte Putzsession pro Tag kostet.
Ich packe erst die Buntstifte aus und versuche mein Glück. Die Idee kam mir schon ein paar Tage zuvor bei einer Meditation. 2 Kakaofrüchte, welche ein Herz ergeben und eintauchen in den Trank, den ich mit der Welt teilen möchte. Klingt simpel, doch die ersten Versuche zeigen: it's a long way!
Am gleichen Nachmittag, diesmal in der Hängematte, vibriert mein Handy: "Pino hat dir eine Nachricht gesendet." Pino? Der Pino? Der Amigo von vor 4 Jahren im Studium und Studentenwohnheim. Tatsächlich. Was bei dem wohl los ist?
Oh! Interessant, er wohnt jetzt in der Schweiz und arbeitet als Grafikdesigner. Stopp - was!? Wir schreiben ein wenig hin und her und ich zeige ihm das Logo. Es gefällt auf anhieb und ich kann es kaum fassen. Ich hüpfe durch die Posada und tanze mit meinem Wischmopp. Die verwunderung der Hostelgäste stört mich wenig, und nachdem ich die Geschichte mit ihnen teile, tanzen wir auf einmal alle mit meinem Wischmopp. In Guatemala kann man eben einfach loslassen. Vor allem dieses vergessene Dörfchen, in dem wir uns alle wiederfinden, hat eine ganz besondere Magie.
Wenige Tage später nehme ich das Boot vom nächst größeren Städtchen San Pedro nach San Juan, mein guatemaltekischer Heimatort. Ich beobachte die sachten Lichtreflexionen des Lago Atitlan (der für die Maya heilige See von unbeschreibbarer Schönheit). Seelenruhig und fokussiert nimmt mich der See in seinen Bann, während ich mit einigen anderen Fahrgästen auf die Abfahrt warte. Ehe ich mich in den Reflexionen verlieren kann vibriert meine Hosentasche. Ich ziehe mein Mobilfunkgerät aus der Tasche und lese Pino's Namen. Ich fange an zu grinsen, sollte es wirklich schon so weit sein? Mein rechter Daumen slidet von einem Bildschirmrand zum anderen und mir offenbart sich sein Genie. Das fertige Logo in seiner vollen digitalen Pracht. Ich fange an laut zu lachen und ernte ein paar neugierige Blicke von Einheimischen, doch das ist mir in diesem Moment egal, denn was ich sehe bringt mich aus der Fassung:
Ein Traum wird wahr und ich sehe vor mir mein selbstgewähltes Schicksal. Ich sehe die Liebe und Vielfalt, welche mich an genau den Ort gebracht hat, an welchem ich mich befinde. Ich sehe mich selbst und ich sehe die Welt, verbunden durch Kakao. Und seit diesem Moment begleitet mich das Logo auf meinem Weg. An einem anderen Tag erhält es einen Namen: Kakaokiss. Inspiriert durch eine seelenverwandte Entdeckerin namens Coco, welche Kakao ein Gedicht mit diesem Namen gewidmet hat. Dieses möchte ich hier mit euch teilen:
That radiance of pure warmth
I feel before you even touch my lips...
Now, as soon as you touch my hands
Your medicine runs deep
by Coco (https://www.facebook.com/dragonoftheorchid/)
Euer Mischa